Ganz plötzlich heisst man nicht mehr FERENTSCH, sondern
Mzungu. Aber dieses Wort hört man viel seltener und es wird auch nicht ganz so
laut gebrüllt, wie jenes zuvor. Hinzu kommst, dass keiner mehr unsere
Amharisch-Brocken versteht. Und Injera (das äthiopische Nationalgericht, so ne
Art saurer FladenCrepe) gibt es auch keines mehr. Darüber sind wir aber auch
gar nicht böse.
Kurzum: Es ist vieles anders. Manches schlechter, vieles
besser. Aber.. der Reihe nach ;)
Nachdem wir eine ganze Weile in Addis einfach nur „waren“,
brachen wir am vierzehnten März unsere Zelte ab und begaben uns auf den Weg
nach Süden. Wir hatten einen groben Plan: Per öffentlichen Verkehrsmitteln
wollten wir nach Moyale reisen. Eine Grenzstadt im Süden Äthiopiens, die, wie
beispielsweise Rheinfelden, auf beiden Seiten der Grenze existiert. Von dort
aus weiter nach Süden, bis Archers Post und dann nach Westen, zum Lake Baringo,
wo wir unsere Tourgruppe treffen werden, mit der wir dann für zwei Wochen durch
das nördliche Kenya reisen.
Ein grober Plan, für den wir mehr als massig Zeit haben, da
unsere Tour erst am ersten April vom Lake Baringo aus starten wird.
AWASSA
Von Addis aus ging es also per Bus direkt nach Awasa, die
letzte grössere Stadt auf unserem Weg. Die Reise begann bestens: wir fanden direkt
einen Bus, der auch sogleich losfuhr. In Äthiopien ist das immer ein bisschen
eine Glückssache, denn das dortige ÖV (öffentliche Verkehrsmittel) System läuft
anders, als wir es kennen: Man läuft einfach auf den Schotterplatz, der sich
Busstation schimpft. Vor jedem Bus steht einer, der für die Akquirierung der
Fahrgäste zuständig ist und immer wieder, äusserst laut, hinaus brüllt, welches
das Ziel seines Busses ist. Entsprechend gibt es oft mehrere Busse, die
dasselbe Ziel haben. Von denen sucht man sich dann den aus, der am vollsten
ist, denn die Abfahrtszeit entspricht dem Moment, in der der Akquirierer es
geschafft hat, alle Plätze zu füllen. Zu erwähnen sind natürlich noch die
vielen anderen, die rumlaufen, brüllen und versuchen einen für einen („ihren“)
Bus zu gewinnen. Man ist also allgemein von einigen Akquirierern, ihren Helfern
uns sonstigen umringt, die sich eine Provision aufgrund von Akquirierungshilfen
erhoffen. (Noch so ein Punkt, der mir im überwinden meiner Menschenmengenangst
hilft.) In jenem Fall waren wir also die Passagiere, die den Abfahrtszeitpunkt
auslösten und freuten uns, dass alles so glatt gelaufen war. Wir sind ja nun
auch lange genug hier, um zu wissen wie es läuft.
Nach den ersten Schlaglöchern fiel uns wieder ein, dass man nicht
ganz hinten sitzen sollte und unsere Freude sank ein wenig. Unsere Bandscheiben
fingen an zu motzen, da wir bei jedem Schlagloch, von denen Äthiopien so einige
hat, geschätzte 10 centimeter Flugübungen vollzogen. Bei der gegebenen
Beinfreiheit darf man ausserdem maximal ein Meter sechzig sein, entsprechend
motzten unsere Knie freudig mit den Bandscheiben mit. Aber immerhin: Derart
gutes Teamwork wie hier zwischen den Bodenwellen und den hinteren BusAchsen
sieht man in diesem Land selten! Wir schafften es am Ende kaum uns aus den
Sitzen zu falten und dieses Power-Duo schaffte es immer wieder problemlos uns
nach oben tanzen zu lassen ;) .. So ganz wissen wir wohl doch noch nicht wie es
läuft… (Lesson learned: never sit in the last row.)
Doch Awassa erweist sich als ungemein schöne Stadt. Mit
kleinen Bars am Seerand und frischem, fritiertem, ganzem Fisch. Wir sehen einen
Schwimmer, der den Schmetterling versucht und eine halbe Stunde später, an derselben
Stelle, ein Hippo. („Dani, hast Du den Schwimmer rauskommen gesehen?“ – „ähm…
nein…“ – „oops“ ;) Ausserdem gibt es hier sehr grosse (ein guter Meter), sehr
hässliche Vögel, die wir aufgrund des letzteren Attributs nicht photographiert
haben!
Am nächsten Tag sind wir bei Danis
Bus-Einklemm-Bandscheiben-Sitznachbarn zum Mittagessen eingeladen. Tesfaye und
Rahel, alias Fish and Rich, bewohnen zwei Zimmer mit insgesamt etwa 35 Quadratmetern.
Das Badezimmer teilen sie mit ihren Nachbarn, das Schlafzimmer ist zugleich die
Küche.. Aber sie wirken zufrieden! Obwohl Rich nicht wirklich Englisch spricht
und ich kein Amharisch, ist es ein angenehmer Nachmittag. Zumal es für uns
natürlich spannend ist, zu sehen, wie sie leben. Fish scheint zudem verstanden
zu haben, dass Ferentsch nicht immer wissen, wie man sich traditionsgemäss
verhält und hilft sehr subtil. Es ist beispielsweise üblich, dass die Frau des
Hauses den Kaffee für die Zeremonie frisch röstet und dann denn Duft der
frischen, noch ganzen Bohnen den Gästen zuwedelt. Die Gäste loben daraufhin den
Kaffe und erst dann wird er zerstöselt. Wir wissen zwar, was von uns erwartet
wird, doch Fish hilft nach, indem er uns im entsprechenden Moment fragt, ob der
Kaffee gut sei. Nach drei Tässchen Kaffee meint er, wir seien doch jetzt müde
und sollten ins Hotel zurück kehren, um uns auszuruhen. Auch dies wieder ein
Hinweis, denn nach drei Tassen hat man sich, der Tradition gemäss, zu
verabschieden.
Am Abend treffen wir die beiden wieder zum Abendessen. Auch
wenn Injera nie zu meinen Leibspeisen gehören wird (ganz im Gegenteil), hat es doch
einen Vorteil: Man isst gemeinsam von einem Teller. Dies führt, gerade bei
unserer Vierergruppe mit Sprachproblemen, zu einem einem spassig-schönen
Gemeinschaftsgefühl.
YABELLO, MOYALE
Am nächsten Morgen kam Fish zudem von seiner Arbeit zum Busbahnhof,
um uns zu helfen. Er verhalf uns zur Mitfahrt in einem Jeep. Wesentlich
komfortabler als eine normale Busfahrt und zudem fuhr unser Fahrer direkt nach
Yabello, was uns eine Nacht in Dilla ersparte, dass sich bei der Durchfahrt
auch als ungemein uneinladend entpuppte. Yabello liegt neben der Hauptstrasse
und wir blieben direkt in einem Hotel an der Strasse. So sahen wir die Stadt
nicht, aber es schien uns auch nicht vielversprechend. Nach einem Vogelschiss
auf T-Shirt und einer weniger angenehmen Nacht (Ich sorgte mal wieder dafür,
dass die Mücken Dani in Ruhe liessen….) ging es am nächsten Morgen direkt
weiter in die Grenzstadt Moyale.
Schlau wie wir sind, sicherten wir uns im Minibus nach
Moyale die Plätze neben dem Fahrer. So hatten wir bessere Sicht und konnten ein
letztes Mal äthiopische Strasse plus Umgebung bewundern. Blöd wie wir sind,
hatten wir allerdings nicht daran gedacht, dass der mittlere Sitz nur ein
Notsitz ist und zudem äusserst warm wird. Kurz: ich sass unbequem auf der
Mittelkonsole mit minimalem Stoffbelag, bis Dani mich ablöste und diesen
Eierwärmer für sich beanspruchte. Wieder mal „lesson learned“.
In Moyale selbst, nach staubiger, wenig aussicht bietender
Strasse, liessen wir uns direkt vor einem „guten Hotel“ absetzen. Dort lernten
wir am Abend noch Suzanna kennen. Eine Spanierin, die in Krisengebieten
eingesetzt wird, um mit den betroffenen Parteien zu verhandeln, Infrastruktur Aufbauarbeiten
zu betreuen und statistische Daten zu sammeln. Sie macht dies seit 7 Jahren,
hat es wohl so langsam über, konnte aber interessante Dinge erzählen und gab
uns die Möglichkeit ein letztes Mal in Äthiopien über Äthiopien zu reden.
MOYALE KENYA
Am 18 März ging es für uns über die Grenze. Zu Fuss. Mit
viel Gepäck, in voller Hitze. KEEP LEFT Schilder begrüssten uns auf der anderen
Seite. Im Immigration Office hies es dann „wielange, warum, das erste Mal?
Profession? Please look at the camera! Fingerprints please!“ dann Stempel, „have fun“ und „welcome to Kenya!“. Danke!
Bis wir endlich wirklich „drüben“ waren, waren wir gänzlich
durchgeschwitzt und etwas fertig. Dann ging zudem der Bankautomat nicht. So
standen wir da, in voller Montur, also mit Rucksäcken auf den Rücken plus
kleinen Rucksäcken in den Händen und ohne einen Schilling in den Taschen (die
kenyanische Währung ist der Kenya Shilling). Schon direkt nach der Grenze
wurden wir von einigen Kenyanern angesprochen, die uns eine Weiterfahrt in
ihrem Bus / auf ihrem LKW verkaufen wollten. Einer davon war besonders laut,
dieser wurde dann prompt auch von einem anderen als Lügner deklariert. Mir ging
langsam die Puste aus und ich war genervt.. Also suchten wir uns aus dem Lonely
Planet eine Bleibe aus und fanden einen Jungen, der uns hinführen wollte. Leider
war das Ding geschlossen. Also zum nächsten. Aber das war auch nicht wirklich
geöffnet. Meiner einer war fertig! Heiss, müde, schwer. Kippe bitte. Und nicht
mehr laufen! Der Junge lief in die Stadt zurück und organisierte ein Taxi, das
uns zum teuersten Hotel der Stadt fuhr. Der Fahrer verlangte 4 Dollar, der
kleine bekam einen. Ratet mal, wer sich mehr gefreut hat…
Das Hotel war nach der Anstrengung ungemein schön. Mit
Fernseher (FUSSBALL, ole!) und schönem, sauberen Bett. Badezimmer mit Dusche! Rucksack
runter und gleich viel besser gefühlt!
Der Barkeeper des Hotelrestaurants versetzte uns dann in staunen:
Er wollte uns das Ticketoffice zeigen, damit wir ein Ticket für den morgigen
Bus kaufen konnten. TICKETS??? OFFICE?? Es zeigte sich also direkt: anderes
Land, andere Sitten ;)
Der ATM (bankomat) spuckte endlich Geld aus und wir kauften Tickets.
Da stand sogar eine Sitzplatznummer drauf. Wir waren schockiert! Geplättet! Entsetzt!
Und irgendwie voller guter Hoffnungen. Hoffnungen auf Struktur und weniger
planlose Zivilisation. Ich meine Sitznummern. Das bedeutet doch irgendwie, dass
die Sitze bessere Qualität haben?! Vielleicht sogar ein wenig Beinfreiheit?! Auch
für grössere Menschen?!
MARSABIT
Eine gute Stunde DRINGEND aufs Klo müssen, grenzt schon fast
an Folter. Dabei mit geschätzten 80 km/h in einem alten Bus (umgebauter LKW)
über eine Schotterpiste fetzen, fetzt noch weniger! Dass meine Hose und ich die
Sache dennoch unbeschadet überstanden haben, machte mich – nach all den überstandenen
Qualen – aber schon ein bisschen stolz! ;)
Am Morgen waren wir gegen halb 8 aus Moyale gestartet. Nach
zwei Minuten gab es den ersten Stopp, da nicht alle auf den ihnen zugewiesenen
Sitzplätzen sassen. Klar! Es sassen viele Äthiopier im Bus, die kannten dieses
System ja gar nicht. Da man hier aber auch das System „erst raus, dann rein“
nicht kennt, ging es eine ganze Weile bis richtig sortiert war. Gefühlte fünf
Passkontrollen und knappe drei Stunden später, gab es eine kurze Pause im
letzten Kaff vor der Wüste. Wobei „vor“ eigentlich nicht ganz korrekt ist. Die 20
Bruchbuden an der Strasse erinnerten eher an eine afrikanische Variante der
wild wild west Dörfer – kurz vor Geisterstadtstatus. Und ringsum gab es bereits
kaum Vegetation. Die Strasse ist ab hier schlimmer als zuvor. Bereits seit der
Grenze gab es keinen Asphalt mehr und ab diesem Dorf wurde es wirklich schlimm.
– Gibt es im Deutschen eine Steigerung von „unbefahrbarer Feldweg“? In Kenya
gibt es das! Vielleicht nicht als Wort, aber doch in der Praxis.
Um vier waren wir dann endlich in Marsabit. Ich versuchte
verzweifelt mich an „big mama“ vorbeizuquetschen, die freundlichst den Gang
versperrt. Ein etwas eckiger durchgeführter, kurzer Sprint führte mich ins
Hotel – zum Glück direkt nebenan – und Anna fühlte sich wieder ungefoltert (und
stolz).
Manche Aspekte des Reisens finde ich echt zum kotzen (oder eben
„echt scheisse“)! Dafür war das Hotel relativ hübsch und die Toiletten sauber
(zumindest zuvor ;o)..
Der KenyaStart war nicht so mein Ding. Sich neu zu Recht
finden, einheimische Währung bekommen, unheimlich viele Leute abwimmeln, die
einem irgendwas andrehen wollen, Lehrgeld zahlen und die wenig netten Momente
schwerer gewichten, als die negativen, um den Ausgleich zu schaffen und die
Reise dennoch geniessen zu können. Das funktioniert eben nicht immer. Ergo war
mir Kenya nach zwei Tagen bereits über.
ARCHERS POST
Am zwanzigsten März machten wir uns morgens auf. Der Bus
wirkte diesmal wie ein wirklicher Bus, nicht wie ein umgebauter LKW mit
Passagiercontainer hintendrauf. Dani freute sich, da dies ja darauf schliessen
lässt, dass die Strasse von Marsabit nach Süden besser ist. Um kurz nach neun
waren wir dann on the road und eine knappe Stunde später überlegte ich, dass
ein Sport-BH in diesem Gefährt hilfreich wäre – und dass Dani sich zu früh
gefreut hatte. Über holprige Sandpisten, mit eingeschnittenen Regenrinnen ging
es durch Kenyas Norden. Immerhin hatten wir diesmal dafür gesorgt, dass wir auf
der linken Seite einen zweier Sitz für uns hatten und unsere Schultern
entsprechend nicht mit einem dritten „stapeln“ mussten. (Männer, wenn ihr auf
Reisen geht – sucht Euch eine Freundin, die nicht so breite Schultern hat!)
Dafür belohnte uns so langsam die Aussicht: Immer mehr ‚Stammesvolk‘ in
traditionellen Gewändern war zu sehen. Samburu heisst das Nomadenvolk, das hier
lebt. Dani wurde bestaunt, denn bei den Samburus sind gedehnte Ohrlöcher (bei
Männern) normal. Mzungus hatten sie damit wohl noch nicht (oft) gesehen.
Ausserdem gibt es hier wildlebende Strausse, die regelmässig vom Fahrer von der
Strasse gehupt werden müssen. Kamele stehen allgemein auch viele an der Strasse
rum.
Nach der Mittagspause gegen zwei Uhr, versetzt man uns mal
wieder in Staunen: Die Strasse ist geteert! „Vorsicht Kühe“-Schilder warnen vor
den Sträussen, das vierte Schild warnt vor Elefanten, die uns aber leider nicht
beehren. Aber das Schild ist schon der Hit! Im Bus sitzen seit der Pause zwei
der buntgeschmückten Samburus in deren Ohren locker 3cm Plugs passen würden!
Als wir gegen drei in ARchers post ankommen, setzen wir
unser gelerntes um und setzen uns zuerst einmal in ein Cafe. So ist der
Menschenandrang um uns aus Platzmangel gemindert. Und der eine, der sich zu uns
gesellt überredet uns für ein Camp. Nachdem wir dort unser in Addis erworbenes Zelt
(Entjungferung!) aufgestellt haben und mit einem Bier (das erste seit ethiopia-Moyale)
und Flussaussicht niedergelassen haben, erfahren wir, dass es sogar einen
Internet Stick gibt.. Na denn, PROST! – und ich fühle mich doch nicht mehr
Kenya-Überdrüssig!
Wir entschliessen uns hier zwei Nächte zu verweilen. Moha,
unser Guide und Fiona, die Barkeeperin und REceptionistin sind sehr nett und
ihr Abendbesuch findet auch, dass wir doch besser mit ihnen reden, als allein
rumzusitzen. Ausserdem sind die Toilettenlöcher hier sauberer als in Äthiopien.
Das macht schon was her :D
UMOJA
Am nächsten Morgen erzählt uns Moha vom „Dorf der Frauen“.
Umoja – das Samburu Wort für zusammen/gemeinsam. Er drückt mir ein deutsches
Buch in die Hand „Mama Mutig“, dass die Geschichte der Gründerin erzählt. Ich
lese ein oder zwei Kapitel, dann kommt eine singende Frauengruppe auf unser
Camp – um uns ab zu holen und uns das Dorf zu zeigen. Es leben wirklich nur
Frauen dort (von den männlichen Ziegen abgesehen und die Kinder nicht
eingerechnet). Sie leben vom Verkauf des traditionellen Samburu Schmucks (bunte
Perlenketten und –armbänder) und machen wirklich alles selbst. Wir kaufen etwas
Schmuck und sie zeigen uns ihr Museum über SamburuTraditionen. Ein komischer
Holzhammer erstaunt uns. Auf Nachfrage erfahren wir, dass er zur kastration der
Ziegen verwendet wird.. sie hauen einfach so lange drauf bis.. AUA!! Dani fragt
nach, ob sie inzwischen nicht modernere Methoden hätten. Haben sie. Sieht aus
wie ein Nussknacker. Und wird wohl auch so verwe.. lassen wir das. Das Dorf ist
nicht besonders spektakulär, aber die Geschichte dahinter ist es. Am Nachmittag
lese ich nämlich noch das gesamte Buch. Und lese über keine-Rechte und dass die
Frau mit der Heirat zum Besitz des Mannes ist. Es berichtet von Männern, die
ihre Frauen zu Tode prügeln und dafür nicht geahndet werden – denn es handelt
sich ja um familiäre Angelegenheiten. Es erzählt von Vergewaltigungen durch
britische Soldaten und die Verstossung der Frau durch ihre Familie danach, da
sie der Familie Schande bereitet habe. Von den point-five Kindern, die aus
diesen Taten entstanden und nicht für voll genommen wurden. Von den Frauen, die
danach mit ihren Kindern irgendwie durchkommen mussten. Teilweise, indem sie
illegal gebrannten Schnaps verkauften – und ins Gefängnis kamen, wenn sie
erwischt wurden. Der Schnaps wurde dann von den Polizisten getrunken, oder
weiter verkauft. Aber das Buch erzählt auch von Rebecca, der das zu viel wurde.
Die sich die Sorgen der Frauen anhörte, die eine Runde aufbaute, in der die
Frauen zum ersten Mal darüber sprachen was ihnen widerfahren war – vor anderen
Frauen. Es wird erzählt, wie sie sich einen kleinen Kiosk aufbaute und die
Frauen sich dort trafen. Wie die Männer sauer auf sie wurden, weil sie ihre
Frauen gegen sie aufhetze, weil sie sich nicht an die traditionelle Ordnung
hielt. Wie selbst die Dorfältesten sauer wurden. Und sie am Ende ausgeraubt und
zusammengeschlagen wurde. – Und daraufhin mit ihrer besten Freundin auf die
Idee für Umoja kam. Umoja war zu diesem Zeitpunkt schon ein Lied, dass die
Frauen immer sangen – um sich gegenseitig Halt zu geben und Mut zu machen. Das
Buch erzählt von einer Feministin, die eine war, lange bevor sie dieses Wort
hörte, geschweige denn wusste, wofür es steht. Eine Frau, die sich nicht alles
gefallen lies und den Frauen ihres Stammes Hoffnung gab. Es gibt noch so
vieles, was ich von diesem Buch erzählen könnte.. Rebecca ist inzwischen viel
in der Welt herumgekommen – immer wieder eingeladen Reden zu halten, um Frauen
rund um den Globus Mut zuzusprechen und zu erzählen, wie sie das erste
afrikanische Frauendorf aufbaute. Sie erzählt in diesem Buch auch von ihren
fünf Kindern, besonders von ihrem ältesten Sohn Tom und dessen Freundin Fiona.
Die.. genau - unsere Bardame ist.
Am Nachmittag spazieren wir mit Moha und Fiona am Fluss
entlang – und sehen keine halbe Stunde vom Camp entfernt (das übrigens von den
Umoja Frauen gebaut wurde) eine Gruppe Elefanten. Unsere ersten!
PS: Die verlassenen Männer der Umoja Frauen hatten versucht
ein Männer-Dorf aufzubauen. Hat aber nicht funktioniert, weil sie nicht so
wirklich wissen, wie man ein Haus baut (Frauenarbeit) oder kocht
(Frauenarbeit). Sie verwahrlosten und wurden noch saurer auf ihre Frauen. Die
waren aber inzwischen genügend und die Männer konnten ihnen nicht mehr wirklich
etwas anhaben.
MARSALA
Aufgrund der Karte entschliessen wir uns am
zweiundzwanzigsten mit dem Matatu (Minibus) nach Maralal zu fahren. Moha warnt
uns, dass wir würden „tanzen“ müssen, weil die Strasse nicht gut sei. Aber da
wir inzwischen derart Buserfahren sind, machen wir uns keine Sorgen wegen
ruckeliger Fahrt und steigen ein. Die Strasse ist jedoch schlechter, als alles
was wir bisher kannten und so lernen wir nun (nachdem wir inzwischen wissen,
wie wir unsere Rucksäcke gescheit packen) im völlig überfüllten Minibus, wie
wir uns selbst möglichst platzsparend zusammenfalten. 15 Plätze hat der Bus. 29
Leute sitzen drin. Kinder nicht mitgezählt. Und die Strasse ähnelt mehr einem
ausgetrockneten, staubigen (SEHR staubigen) Bachbett, denn irgendetwas, bei dem
ich an „Strasse“ denken würde.
Doch am Wegesrand grasen Giraffen und Zebras. Meine ersten
live gesehenen. Und irgendwie ist es eben doch wahr, dass wir inzwischen recht Buserfahren
sind. Die Tiere lenken uns von unseren schmerzenden Gliedern und dem vielen Staub
in unseren Lungen, auf unseren Kleidern und zwischen den Zähnen ab. Die
Kenyaner haben scheinbar auch Freude, denn bald weist und der halbe Bus auf Neue
WegesRandGiraffenFunde hin. Und wir freuen uns und staunen brav weiter.
Der platte Reifen vorne Rechts vergönnt uns eine Pause. Eine
halbe Stunde später geht der Motor aus und springt nicht mehr an. Als ösen wir
uns durch das Türloch und schieben an. Die Männer. Und ich. (Irgendwas hab ich
aus Umoja schliesslich mitgenommen. Zum Beispiel: wir Frauen können auch alles
(besser).) ;o)
Bei der Ankunft bestürmt uns sofort eine ganze Herde
Kenyaner. Die wollen helfen. Möglichst lauter als der nächste Landsmann. Am
Ende gehen sie mir alle auf den Sack und ich bin wieder KenyaÜberdrüssig. Meine
von den Strassen sowieso schon dröhnenden Ohren mochten diese Leute entsprechend
auch nicht. Der Busfahrer hatte letztlich wohl Mitleid mit uns. Er schaffte es
unser Gepäck wieder in den Bus zu verfrachten und uns zu unserem Hotel zu fahren.
Das entpuppte sich leider als rechte Absteige, aber das war dann auch schon
egal. Hauptsache aus der Menge raus und RUHE!
NAKURU
Direkt am nächsten Tag suchten wir uns ein Ticketoffice. Und
stellten fest, dass die Route über Maralal gar keine so gute Idee war. Es gibt nämlich
keinen direkten Bus an den Baringo See, unser Endziel bis zum ersten April. Den
Contract über 20.000 Schilling ( ca 185 Euro) schlugen wir aus und so blieb uns
nichts anderes übrig, als nach Süden zu fahren. Mit Zwischenstopp in Nyahururu
nach Nakuru. Also sassen wir WIEDER in einem VÖLLIG überfüllten Matatu auf
schrecklicher Piste nach Süden. In Nyahururu schnappt sich einer Danis Rucksack
und will uns zum nächsten Bus bringen. Er rennt vorneweg und wir notgedrungen
hinterher. Er nutzt kleine Strassen und geht am Ende zwischen zwei winzigen
Hütten durch und wir machen uns ernsthaft Sorgen. Doch.. manchmal ist Skepsis
eben unbegründet. Er bringt uns wirklich direkt zum nächsten Bus und verlangt
als Bezahlung… eine Zigarette.. Dani gibt ihm zwanzig Schilling (=etwa 4
Zigaretten) – und der Mann freut sich. Also so wirklich. Wir sind erstaunt,
denn wir hatten eine Forderung von 200 Schilling erwartet. (Notiz an mein
Erinnerungsvermögen: DAS ist so einer der Momente, die den positiven Ausgleich
geben!)
Schlau wie wir sind, besorgen wir uns die Sitze neben dem
Fahrer. Lieber Eierwärmer als Faltblatt! Da hat man wenigstens ein wenig Platz,
Beinfreiheit und Dani stösst nicht mit dem Schädel an der Decke an. Und .. oh wunder! Die Strasse ist aber hier wieder
geteert! Eine wirklich angenehme knappe Stunde später sind wir in Nakuru,
schnappen uns (gelernt ist gelernt) direkt ein TukTuk und bitten um ein gutes
Hotel. Aus Spass fügen wir „wenn möglich mit Pool“ hinzu. Wir enden im
Graceland und staunen über Badezimmer, warmes Wasser, WiFi, TV, Pool und Co.
Welcome back tot he civilized world!
Drei Tage Staub und Ärger gleiten unter der Dusche ein wenig
von mir ab und hinterlassen mich mit kindlicher Freude über meine weiche, unklebrige
Haut. Das Essen und der Service enttäuschen sehr, aber wer wird sich denn davon
noch ärgern lassen! Und immerhin ist das neutral bis schlechte Essen diesmal
von einer Karte, die mehr als Reis, Ugali (Maismehlbreistück), Beef und Kohl zu
bieten hat.
Man lernt durch Entbehrungen eben so einiges zu schätzen!
Am nächsten Tag geniessen wir das nichtstun, Ruhe, Bier und
WiFi. Abends gehen wir mit Francis und Rifka, zwei Dutch-Mzungus essen. Das Geschwisterpaar
haben wir im Hotel kennen gelernt und sie sorgen durch ihren Tatendrang dazu, dass
wir am Tag drauf (25ter) mit ihnen zum knapp zehn Kilometer entfernten Krater
wandern. Wir nehmen nicht den direkten Weg, sondern wechseln zwischendrin auf
einen Trampelpfad, der uns durch ein abgebranntes Wäldchen führt. Kenya ist im
Moment sehr trocken und hat an mehreren Stellen Probleme mit Waldbränden, die
kaum eindämmbar sind. Der Weg durch die Hitze wird mit einer gigantischen
Aussicht belohnt – und einem Polizisten, der uns in seinem Wagen wieder in die
Stadt zurück führt. Dort wandeln wir gen See, der komplett in einem
Nationalpark liegt. Das Bier im Restaurant davor ist teuer, aber kalt und enorm
angenehm. (Das haben wir uns verdient!). 15 Meter weiter grasen Zebras und
Affen rennen durch die Gegend (siehe Photos).
Am Abend verabschieden wir uns bereits von Francis und
Rifka, die weiter ziehen – uns zuvor aber noch von der unglaublich guten
Nachtbusverbindung von hier nach Mombasa erzählen. Wir trauen dem erzählten
nicht ganz, aber sie zeigen uns ihre erste-Klasse-Tickets. Aus nicht-trauen
wird mal wieder staunen.
Nun ist meine Erzählung bereits beim 26ten März angelangt.
Diesen Tag habe ich aufgrund meines ungemein ausgeprägten Sonnenbrands vom
vorherigen Tag hauptsächlich vergammelt und verschlafen – und zwischendurch
immer wieder Creme auf die verbrannten Schultern aufgetragen.
Und heute, am 27ten sind wir immer noch hier. Wir waren das
erste Mal einkaufen. Seit zwei Wochen der erste Supermarkt. Und sie haben
wirklich fast alles. Anna kindlich-glücklich zwischen Schokolade, Kaffee und
Co. Dann noch den Alkohol für die Tour mit den anderen (steht auf der
bitte-mitbringen-liste) und eine kenianische SimKarte besorgt. Diese haben wir
direkt zweimal mit 500 Schilling aufgeladen, die ich direkt zweimal leergemacht
habe – um zum ersten Mal, seit ich im Deutschland im Dezember verliess mit
meiner Schwester und meiner Mutter zu telefonieren (schön wars!!).
Im Nachhinein muss ich sagen, dass sich der Umweg über
Maralal doch gelohnt hat, da wir so die Vorzüge dieser Stadt mehr geniessen und
zudem die enormen Unterschiede zwischen dem kaum erschlossenen Norden und dem
sehr fortgeschrittenen Nakuru gesehen haben. Hautnah sozusagen.
Jetzt sitzen wir wieder im Garten von Graceland und ich habe
es nun endlich geschafft auf acht Seiten die vergangenen zwei Wochen zusammen
zu tragen..
Morgen wollen wir in einen Nationalpark, in dem man per
Fahrrad die Gegend erkunden kann und am Tag darauf werden wir letztlich doch
noch an den Baringo See fahren. Unser dortiger Campingplatz wird anscheinend
abends gerne von Hippos besucht. Ab dem ersten April sind wir dann mit zwölf
anderen unterwegs den Norden Kenyas weiter zu erkunden. Diesmal aber in einem
Tourbus mit Platz für 20 Reisende. Wir freuen uns schon enorm auf die
hoffentlich angenehmen Fahrten und die Gesellschaft von anderen Reisenden,
sowie ihre Erzählungen vom Land und seinen Bewohnern – und natürlich weiteren
Erlebnissen und noch mehr Tier-Sichtungen.
Ich denke acht Seiten sind nun wirklich genug. Dani ist
bereits wieder ins Zimmer gegangen und ich werde ihm nun folgen, um den ruhigen
Abend zu geniessen und meinen bereits fast abgeklungenen Sonnenbrand nochmal
einzucremen. ;o)
mannomannomann - wenn ich nicht durch telefonieren wüsste, dass es euch gut geht ....dass das so hart wird..
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