Dienstag, 31. Januar 2012

Alles im Fluss – Teil 2


Alles im Fluss – Teil 2
29. Januar 2012, Sonntag

Nach vorne schauen. Sich auf das Unbekannte freuen.
Nicht, indem man verzweifelt versucht die Dunklen Flecken möglichst früh zu sehen, zu verstehen, eine Definition zu finden und darauf reagieren zu können. Viel mehr insofern, dass man es einfach auf sich zukommen lässt und es erst dann richtig beachtet, wenn es da ist. Eben alles genau dann, wenn man davor steht. Wenn es das ist, was das „Jetzt“ ausmacht. Denn wie sonst kann ich mich auf den Moment konzentrieren? Wie soll ich die Gegenwart nutzen, wenn ich ständig versuche die Dinge die da kommen zu erkennen? Wie sonst kann man die einzige Zeit, die „ist“ richtig geniessen?
Gestern ist vorbei, Morgen noch lange nicht da.. Genau jetzt. Dieser Moment. Auf der Terrasse in Tadjoura,Djibouti. Mit meinem Freund, nebenan im Zimmer, schlafend. Genau das ist es, was jetzt gerade mein Leben ausmacht. Die Fahrt heute Morgen hierher ist bereits Geschichte. Mein Kopf braucht sich nicht mehr damit zu beschäftigen, wo wir heute Abend schlafen. Und zu überlegen, was der morgige Tag bringt, macht auch keinen Sinn – denn der ist noch gar nicht da. Vielleicht später, beim Abendessen, können wir darüber diskutieren. Fragen, was es für Möglichkeiten gibt. Schauen, worauf wir Lust haben. Aber jetzt, im Jetzt, macht es keinen Sinn darüber nachzudenken. Diesen einen Moment kann ich genau so gestalten, wie ich es möchte. Und den danach, der dann das Jetzt ist auch. Verwirrend. Aber eigentlich so einfach. Ich habe mich hier hingesetzt, weil ich Lust dazu hatte. Weil es das ist, was mir diesen Moment am schönsten ausfüllt. Und der Moment danach? Was mache ich, wenn mir nichts mehr zu schreiben einfällt? … Darüber mache ich mir keine Gedanken. Denn momentan fällt mir noch etwas ein. Und solange dies der Fall ist, bin ich beschäftigt. Mit dem, was den Moment am schönsten ausfüllt ;) .. Also mache ich mir erst Gedanken darüber, was ich tue, wenn ich nichts mehr zu Schreiben weiss – wenn ich auch nichts mehr zu Schreiben weiss.

Denn ich habe festgestellt, dass ich gar nicht der Typ bin, der dem Fluss entgegen schaut. Ich bin nicht der Mensch, der sich entscheidet, ob er nach links oder rechts schaut, wenn er am Fluss steht. Im Sinne meines Seins bin ich ein Mensch, der mit einem Boot (oder Schwimmring, aber dann friert der Hintern so schnell) AUF dem Fluss ist. Der sich von ihm treiben lässt. Den Moment geniesst und einfach schaut, wo der Fluss ihn hintreibt und was unterwegs so alles zu sehen ist. Vielleicht steig ich auch ab und an mal aus, um mir die Gegend genauer anzusehen. Aber im Prinzip ist das treiben lassen und geniessen doch das, was ich am meisten geniesse. (So wie jetzt, in diesem Moment, wo wir an einem Ort sind, an den wir heute Morgen gar nicht fahren wollten, in einem Hotel, in das wir heute Mittag gar nicht zur Übernachtung wollten – und das uns nun gerade unheimlich gut gefällt.)

Und wenn ich zwischen den Sätzen den Blick schweifen lasse und die Geräusche der Brandung in mein Bewusstsein kriechen lasse, muss ich noch dazu sagen, dass der Fluss auch gar nicht Hundertprozent meins ist. Ich mag Flüsse. Keine Frage. Am Rhein aufgewachsen und seit einem Jahr nun schon grosser Fan der Aare, will ich gar nicht schlecht gegen Flüsse reden. (Schreiben)
Aber das Meer… Ich kann an einem Fluss entlanglaufen. Und ich finde es schön. Aber ich komme ans Meer und, egal wie kalt es ist, es drängt mich, zieht mich es zu berühren. Meine Füsse geben stumme Schreie von sich, um mir mitzuteilen, dass sie dieses Wasser UNBEDINGT berühren müssen. Und es geschieht unheimlich selten, dass ich ihnen diesen Wunsch entsage. Meistens gebe ich nach, bevor noch der erste stumme Schrei verklungen ist, bevor ich ihn überhaupt in mir vernommen habe. Und sind die Füsse erstmal mit dem Meerwasser im stummen Gespräch versunken, beginnen die Waden ihr Flehen. Dicht gefolgt von den Knien, Oberschenkeln, …

Das Meer. Endloses sich treiben lassen können. Keine vorgegebene Richtung. Unsichtbare Weiten, die der Horizont nur erahnen lässt. Jeder Millimeter, den das Auge sich am Horizont entlang hangelt birgt unendlich viele Möglichkeiten! Da kann der Fluss, mit seinem starren Lauf, nicht mithalten. Nun schaue ich aufs Meer hinaus und bedenke all die Möglichkeiten. Und mir wird mulmig. Wie soll man sich denn da entscheiden? Woher weiss man, welche man ansteuern soll? Tausend Fragen, die sich diesbezüglich in meinem Kopf auftun. Und wieder der Gedanke, der alle Fragen zum Schweigen bringt: Warum soll ich mir darüber Gedanken machen? Jetzt, im Jetzt, bin ich hier. In diesem Moment, an diesem Ort, in dieser Situation, in dieser Konstellation.  Es gibt keinen Grund sich zu sorgen. Keinen Grund den Kopf mit Fragen zu beschäftigen, auf die er keine Antworten zu finden vermag.
Also schaue ich weiter aufs Meer hinaus, erfreue mich schlichtweg an diesem Anblick und merke, dass mir nun nichts mehr zu Schreiben einfällt. Ich schliesse den Laptop, speichere die Datei und … überlege mir dann, sobald dies getan ist, was den Moment ausmacht. Womit ich ihn am besten gestalte. Ob mein Inneres nach etwas verlangt, oder ob es nicht einfach gut ist, wenn ich hier sitze und aufs Meer blicke, der Brandung lausche und das Jetzt geniesse.   JETZT.

3 Kommentare:

  1. Mylady, ich bin gebeistert! Sie haben es wieder einmal geschafft, schöne Formulierungen schön zu formulieren! Dass das Jetzt das ist, was das Leben ausmacht, geht mir ebenfalls seit einer gewissen Zeit mit einer nicht mehr zu übersehenden oder zu überhörenden Allgegenwärtigkeit durch den Kopf. Man muss im Jetzt und Hier ankommen, auch wenn der Moment flüchtig ist. Tut man`s nicht, gehen diese Momente vorüber ohne dass man sie spürt oder ohne dass man sich noch je an sie erinnern würde. Als wäre man nie dabei gewesen.In solchen bewussten Jetzt- Momenten gelingt es am besten, zu tun, was man gerne tut. Tut gut. In diesem Sinne: Weiter so!
    Klappe auf! Ich bin ganz Ohr!
    Fühl Dich gedrückt!
    KAF

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  2. Moin mein liebes Kleinkindchen, eure fotos sind so schön und dein text erst, ich freue mich, dass es euch so gut geht und ihr alle kommenden krisen gut meistern werdet. hier ist auch alles wunderschön: sonne scheint, windstill und 11 °C (minus).
    freu mich auf deine nächsten texte, wünsche euch eine wunderschöne reise weiterhin, gruss an dani b.

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