Mittwoch, 18. April 2012

Kenyas Norden


Liebe Leser!
Über zwei Wochen habe ich mich nun nicht mehr gemeldet – und ich hatte guten Grund dazu. Denn wir waren im Norden Kenyas und es gab unheimlich viel zu sehen (und wenig Zeit viel zu schreiben)!

Nach meiner letzten Meldung, haben wir Nakuru gen Norden verlassen und uns mit all unserem BusFahrWissen nach Baringo begeben: Ein TukTuk hat uns direkt zum richtigen Bus gebracht, so dass wir nicht mit schwerstem Gepäck durch die Massen derer, die uns gerne ‚helfen‘ wollten, zu laufen hatten. Dann sprachen wir mit den bereits anwesenden Passagieren, bevor wir das Ticket bezahlten und stellten so sicher, dass wir den richtigen Preis zahlen. Ausserdem hatten wir damit gleich einen gefunden, der das gleiche Ziel hatte und uns später beim Umsteigen helfen konnte. Wir haben es also endlich raus, wie man, möglichst entspannt, von einem Ort zum nächsten kommt. Und ich klopfe uns einmal mehr gedanklich auf die Schultern, hoffend, dass ich nicht doch irgendwann wieder eines besseren belehrt werde. ;o)

BARINGO:
Am Baringo See liessen wir uns im Robertscamp nieder (www.robertscamp.com), stellten unser Zelt entsprechend der Vorabinformation unserer Tourleiterin direkt am See auf und freuten uns über vier Tage Nichtstun in schöner Umgebung. Bier (kalt), Essen (gut), Sofas (bequem), Sonne (warm).. Was braucht man denn schon mehr, um glücklich zu sein?
Am ersten Abend verquasselten wir uns in der Camp-Bar „Thirsty Goat“ und gingen erst spät zu unserem Zelt mit Blick auf das naturbelassene Seeufer. Der Barkeeper liess uns allerdings nicht gehen, weil wir keine Taschenlampe dabei hatten – security Richtlinie. Ein Guard (hier: Askari) brachte uns dann runter. Als ich dann endlich im Zelt lag (Dani noch unterwegs zwecks Zähneputzen) und mich auf den wohlverdienten Schlaf freute, brachte der Wind plötzlich den Geruch von Pferdestall in unsere vier Nylonwände. Kurz darauf hörte ich auch Holz knacken. Viel Holz. Und es knackte LAUT. Als käme da was wirklich grosses! .. Und dann hörte ich wie Grasbüschel ausgerissen und weiterverarbeitet wurden. Ich hatte ein bisschen Nylon um mich, mein Shirt lag schon im Gepäckberg und war irgendwie nicht auffindbar. Also vergrub ich mich im Schlafsack und hoffte, dass er mich gegen eine knappe Tonne Vegetarier verteidigen könnte. Ach und Licht. Das machte ich auch noch an. Aber Licht im Zelt.. da sieht man ja erst recht nicht was ausserhalb des Nylon-„Schutzzauns“ passiert. Der Pferdegeruch war stärker geworden und die Gras-rupf-kau-Geräusche waren inzwischen noch höchstens zwei Meter von meinem Zelt entfernt..
Nach über drei Monaten, die wir ca 23 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche im Zweierpack verbrachten, war das mit Abstand das freudigste Wiedersehen. Zumindest meinerseits.
Und damit Ihr Euch nun nicht besorgt die Stirnen zerfurcht: Ja, es waren Hippos. Und ja, eigentlich müsste man sich da dann doch Sorgen machen. ABER! Hippos scheuen Licht. Mit einer Taschenlampe kann man sie ziemlich gut zurück ins Wasser drängen. Mit Feuer geht das noch besser. Und.. solange man sie nicht ärgert und ihnen vor allem nicht den Rückweg zum Wasser abschneidet, passiert einem nichts. Ich gebe zu, dass ich von den vier Nächten, die wir am Baringo verbrachten in zweien rechtes Muffensausen hatte. Aber Gespräche mit den Askaris (bisher wurde kein Zelt beschädigt, keine Unfälle, aber bitte aufpassen!), Lagerfeuer am Abend und immer eine Funzel dabei, wenn man möglicherweise erst nach der Dämmerung zum Zelt zurück geht, haben am Ende doch dafür gesorgt, dass ich (etwas) Schlaf bekam. Hippos sind enorm gefährlich, wenn sie sauer werden. Und bisher hatten wir sie nur aus weiter Entfernung gesehen. Aber mit ein bisschen Vorsicht und Regeln-einhalten, ist es durchaus überlebbar. Und.. es war natürlich eine grossartige Situation, um mal ein ganzes Hippo als jpg zu speichern und nicht immer nur ein paar Ohren und Augen mit vollem Zoom, ganz klein irgendwo im Wasser.. Ich danke dem Teufel, der mich Ritt, dieses abnorm grosse, externe Blitzdings für meine Kamera mitzuschleppen!
Bitte sehr, unser Vorgartenhippo:



1.4.2012
Um unsere Reisegruppe adäquat zu begrüssen, sammelten wir Holz und hackten es mit einer geliehenen Machete in lagerfeuergerechte Stücke. Schweissüberströmt und glücklich betrachtete ich hinterher unseren Erfolg und meine drei Blasen an der rechten Hand. Natürlich mit einem kühlen Bier in der Hand – man gönnt sich ja sonst nichts. Es gibt Momente auf Reisen, die sind einfach einfach-schön. Wunderschön sogar. Momente, in denen man IST und den Moment in sich aufsaugt. Fünfzig Meter entfernt röhrten die Hippos im Wasser, wir hatten Feuerholz für fünf Lagerfeuer, ich spürte meine warmgelaufenen Muskeln unter der Haut und das kühle Bier in Magen und Hand, dazu eine einfache Glückseligkeit, die es zu Hause selten schafft in mein Bewusstsein vorzudringen, verschüttet unter Terminen, Verpflichtungen und eben all den alltäglichen Dingen, die einem den Sinn für Kleinigkeiten rauben.

Gegen Nachmittag wurde unser Hippovorgarten dann von unserer Reisegruppe überschwemmt: Ein grosser, grüner Truck, 12 weitere Mzungus und drei Staffs (Fahrer, Koch und Allrounder). Die Menge an Leuten, die unsere Sprache sprechen und Zelte aufbauten, überforderte mich fast. Aber wir freuten uns auf die kommenden zwei Wochen, in denen wir uns nicht selbst um Unterkunft, Essen und Weiterreise zu kümmern brauchten. Das wir mit Abstand die Jüngsten waren, störte uns spätestens in dem Moment, als die ersten, die mit dem Zeltaufbau fertig waren, nach Sundowner riefen, den GinTonic auspackten und sogar EIS dabei hatten, überhaupt nicht mehr. ;)

LAKE TURKANA TOUR
Unmengen von Gepäck, sechs Lehrer, ein Anwalt, zwei Spediteure, eine Ärztin, eine Buchhalterin, eine ehemalige Reiseleterin und wir beiden Wirtschaftsinformatiker auf grosser Kulturreise, die uns an die Wiege der Menschheit führte - denn: Nach neuen Erkenntnissen hat die menschliche Rasse ihren Ursprung am Turkana See im Norden von Kenya. Dort findet man eine Menge alter Knochen –menschlich, elefantisch, krokodilisch, schildkrötisch (2m Durchmesser!), .. sowie versteinerte Bäume! Und savannische Wüste. Davon besonders viel. Dazu noch lebende Krokodile. Aber man kann trotzdem im See schwimmen. Aber bitte nur tagsüber, denn des Nachts kommen die Krokodile an den Strand. Manchmal auch früher, stellten wir dann im Nachhinein fest (na DANKE!) – allerdings sind die nicht gross genug, als dass wir wirklich Beute für sie darstellen würden. Trotzdem verblieb ein leicht mulmiges Gefühl. (Aber Dani hatte sich ja Abenteuer gewünscht..) Unsere Gruppe war aber gut vorbereitet: es wurde einfach direkt wieder ein Sundowner aufgetischt. Zur Beruhigung und, weil es sich ja so gehört. Schliesslich geht die Sonne hier sehr früh unter und braucht dazu auch viel weniger Zeit als daheim – schwupp weg. Da muss man doch frühzeitig bereit sein.

Auf der vorletzten Wegstrecke ‚überraschte‘ uns dann noch die Regenzeit. Unser Truck blieb prompt nach ein paar Metern Rutschpartie im Schlamm stecken. Die Weiterfahrt verzögerte sich dadurch um ungefähr zwei Stunden – um dann nach einer halben wieder unterbrochen zu werden, da sich einige LKWs das gleiche Problem hatten und festgefahren im Matsch die Strasse blockierten. Inmitten von vielen vielen Leuten verbrachten wir also nochmals vier Stunden am Rande einer Matschpiste, bis unser Truck dann zumindest einen LKW rausgezogen und damit eine Durchfahrt geschaffen hatte. So viel zu Danis Abenteuerwünschen.


In der Gegend um den Lake Turkana, gab es selten gekühlte Getränke, trotzdem schaffte es unsere Gruppe jeden Abend zumindest GinTonic oder Vodka-irgendwas, wenn auch oftmals lauwarm (oder wärmer) in die Finger zu bekommen. Mit der Zeit sehnten wir uns aber doch wieder sehr nach kühlem Bier (für einige bitte mit Sprite) und/oder Eiswürfeln.
Vor allem, als wir dann dort oben waren, ohne jegliches Handynetz über drei Tage.. Und ich mit dem ersten bisschen Netz aus Deutschland die Meldung bekam, dass meine Nichte nun das Licht der Welt erblickt hatte und ich ergo zum zweiten Mal Tante geworden bin – hätte ich doch gerne mit was ADÄQUATEM angestossen. Aber das holen wir einfach mal nach, wenn ich wieder daheim bin. Dann kann ich das wenigstens gleich mit meiner Schwester tun und ihr direkt zu ihrer Prinzessin gratulieren.. (Das sind übrigens die Momente, wo man eigentlich unbedingt gerne daheim wäre und das Reisen einen leicht bitteren Nachgeschmack haben kann.)

Das letzte grosse Ereignis unserer TurkanaTour war ein „GameDrive“ in einem National Park, der uns mit den selten zu sichtenden Löwen und einem Leoparden beglückte. Ersteres direkt neben dem Truck, zwei Meter weiter ein Elefant. Später noch eine Giraffe in wenigen Metern Entfernung und etliche Antilopen. Geniale Bilder, die in Hirnen, Herzen und diversen Kameras gespeichert wurden!

Zu vierzehnt über vierzehn Tage zusammen unterwegs, in einem Bus, mit Unmengen von Kilometern auf schlechten Pisten ist nicht immer das Gelbe vom Ei. Aber wir haben es enorm genossen uns nicht kümmern zu müssen, durchgehend sehr gutes Essen geniessen zu können und, auch wenn es nicht immer einfach ist mit so einer Gruppe (zumal wir vorher nur Franziska aus Addis kannten) war es schön mal „Leute von daheim“ um sich zu haben. Aber ja – wir verstanden uns leider nicht mit allen gut. Das war zuweilen doch sehr anstrengend, wurde aber von der Tatsache ausgeglichen, dass alle mit denen wir uns verstanden ziemlich klasse Leute sind und wir von Doris eingeladen wurden, in Nairobi bei ihr zu wohnen.

Und hier sind wir nun. NAIROBI!
Der Gegensatz zum Norden Kenyas ist immens. Die ShoppingCentren sind für uns der pure Luxus. Es gibt Cafes mit absolut grossartig gutem Service, schönen Bedienungen, gutem Essen, kaltem Bier. Allgemein bekommt man was das Herz so begehrt. Und es stehen Unmengen an wirklich riesigen Hütten hier rum. Hinter grossen Zäunen und Hecken. Also kurz: die Anzahl Villen die es hier gibt, hätte ich kaum in Hollywood erwartet. Dafür gibt es auch wesentlich mehr Kriminalität als in Addis. Die ist uns glücklicherweise noch nicht persönlich begegnet, aber man muss sich schon vorsehen und sollte Nachts nicht mehr durch die Gegend streunern – lieber gleich ein Taxis nehmen. Ist aber auch schwierig, da man dem Taxifahrer sagen muss wo er wie dorthin fahren kann, wo man dann bitte aussteigen möchte. Andererseits sind wir zwei Wochen fast täglich sehr viel in unserem Truck gesessen und sind dementsprechend gar nicht so böse drum, dass wir nun die Möglichkeit haben, einfach ein paar Tage mit lesen verbringen zu können (Das ging im Truck mit Ruckelpiste nämlich gar nicht). Und heute Nachmittag gehen wir mit dem elfährigen Sohn von Doris Haushälterin ins Kino. Es läuft der neue Film von den Machern von „Ich- einfach unverbesserlich“. Und ich freu mich wohl mehr drauf, als Ian (der Junge). ;o)

Wir werden sicherlich noch bis Anfang nächster Woche in Nairobi bleiben, um dann gen MEER weiter zu reisen. Ab hier soll das Busfahren recht easy sein. Mit Nachtbussen auf guten Strassen. Wir lassen uns überraschen ;) Ausserdem haben wir einigen unserer Gruppenkollegen noch einen Teil unserer Ausrüstung mit-zurück-in-die-Schweiz-gegeben. Alles in allem waren das neun kilo, inclusive einem unserer Rucksäcke. Wir reisen nun also wesentlich leichter und hoffen, dass wir wirklich nur überflüssiges abgegeben haben.  







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