Dienstag, 27. März 2012

von Addis, Äthiopien nach Nakuru, Kenya



Ganz plötzlich heisst man nicht mehr FERENTSCH, sondern Mzungu. Aber dieses Wort hört man viel seltener und es wird auch nicht ganz so laut gebrüllt, wie jenes zuvor. Hinzu kommst, dass keiner mehr unsere Amharisch-Brocken versteht. Und Injera (das äthiopische Nationalgericht, so ne Art saurer FladenCrepe) gibt es auch keines mehr. Darüber sind wir aber auch gar nicht böse.
Kurzum: Es ist vieles anders. Manches schlechter, vieles besser. Aber.. der Reihe nach ;)

Nachdem wir eine ganze Weile in Addis einfach nur „waren“, brachen wir am vierzehnten März unsere Zelte ab und begaben uns auf den Weg nach Süden. Wir hatten einen groben Plan: Per öffentlichen Verkehrsmitteln wollten wir nach Moyale reisen. Eine Grenzstadt im Süden Äthiopiens, die, wie beispielsweise Rheinfelden, auf beiden Seiten der Grenze existiert. Von dort aus weiter nach Süden, bis Archers Post und dann nach Westen, zum Lake Baringo, wo wir unsere Tourgruppe treffen werden, mit der wir dann für zwei Wochen durch das nördliche Kenya reisen.
Ein grober Plan, für den wir mehr als massig Zeit haben, da unsere Tour erst am ersten April vom Lake Baringo aus starten wird.

AWASSA
Von Addis aus ging es also per Bus direkt nach Awasa, die letzte grössere Stadt auf unserem Weg. Die Reise begann bestens: wir fanden direkt einen Bus, der auch sogleich losfuhr. In Äthiopien ist das immer ein bisschen eine Glückssache, denn das dortige ÖV (öffentliche Verkehrsmittel) System läuft anders, als wir es kennen: Man läuft einfach auf den Schotterplatz, der sich Busstation schimpft. Vor jedem Bus steht einer, der für die Akquirierung der Fahrgäste zuständig ist und immer wieder, äusserst laut, hinaus brüllt, welches das Ziel seines Busses ist. Entsprechend gibt es oft mehrere Busse, die dasselbe Ziel haben. Von denen sucht man sich dann den aus, der am vollsten ist, denn die Abfahrtszeit entspricht dem Moment, in der der Akquirierer es geschafft hat, alle Plätze zu füllen. Zu erwähnen sind natürlich noch die vielen anderen, die rumlaufen, brüllen und versuchen einen für einen („ihren“) Bus zu gewinnen. Man ist also allgemein von einigen Akquirierern, ihren Helfern uns sonstigen umringt, die sich eine Provision aufgrund von Akquirierungshilfen erhoffen. (Noch so ein Punkt, der mir im überwinden meiner Menschenmengenangst hilft.) In jenem Fall waren wir also die Passagiere, die den Abfahrtszeitpunkt auslösten und freuten uns, dass alles so glatt gelaufen war. Wir sind ja nun auch lange genug hier, um zu wissen wie es läuft.
Nach den ersten Schlaglöchern fiel uns wieder ein, dass man nicht ganz hinten sitzen sollte und unsere Freude sank ein wenig. Unsere Bandscheiben fingen an zu motzen, da wir bei jedem Schlagloch, von denen Äthiopien so einige hat, geschätzte 10 centimeter Flugübungen vollzogen. Bei der gegebenen Beinfreiheit darf man ausserdem maximal ein Meter sechzig sein, entsprechend motzten unsere Knie freudig mit den Bandscheiben mit. Aber immerhin: Derart gutes Teamwork wie hier zwischen den Bodenwellen und den hinteren BusAchsen sieht man in diesem Land selten! Wir schafften es am Ende kaum uns aus den Sitzen zu falten und dieses Power-Duo schaffte es immer wieder problemlos uns nach oben tanzen zu lassen ;) .. So ganz wissen wir wohl doch noch nicht wie es läuft… (Lesson learned: never sit in the last row.)
Doch Awassa erweist sich als ungemein schöne Stadt. Mit kleinen Bars am Seerand und frischem, fritiertem, ganzem Fisch. Wir sehen einen Schwimmer, der den Schmetterling versucht und eine halbe Stunde später, an derselben Stelle, ein Hippo. („Dani, hast Du den Schwimmer rauskommen gesehen?“ – „ähm… nein…“ – „oops“ ;) Ausserdem gibt es hier sehr grosse (ein guter Meter), sehr hässliche Vögel, die wir aufgrund des letzteren Attributs nicht photographiert haben!
Am nächsten Tag sind wir bei Danis Bus-Einklemm-Bandscheiben-Sitznachbarn zum Mittagessen eingeladen. Tesfaye und Rahel, alias Fish and Rich, bewohnen zwei Zimmer mit insgesamt etwa 35 Quadratmetern. Das Badezimmer teilen sie mit ihren Nachbarn, das Schlafzimmer ist zugleich die Küche.. Aber sie wirken zufrieden! Obwohl Rich nicht wirklich Englisch spricht und ich kein Amharisch, ist es ein angenehmer Nachmittag. Zumal es für uns natürlich spannend ist, zu sehen, wie sie leben. Fish scheint zudem verstanden zu haben, dass Ferentsch nicht immer wissen, wie man sich traditionsgemäss verhält und hilft sehr subtil. Es ist beispielsweise üblich, dass die Frau des Hauses den Kaffee für die Zeremonie frisch röstet und dann denn Duft der frischen, noch ganzen Bohnen den Gästen zuwedelt. Die Gäste loben daraufhin den Kaffe und erst dann wird er zerstöselt. Wir wissen zwar, was von uns erwartet wird, doch Fish hilft nach, indem er uns im entsprechenden Moment fragt, ob der Kaffee gut sei. Nach drei Tässchen Kaffee meint er, wir seien doch jetzt müde und sollten ins Hotel zurück kehren, um uns auszuruhen. Auch dies wieder ein Hinweis, denn nach drei Tassen hat man sich, der Tradition gemäss, zu verabschieden.
Am Abend treffen wir die beiden wieder zum Abendessen. Auch wenn Injera nie zu meinen Leibspeisen gehören wird (ganz im Gegenteil), hat es doch einen Vorteil: Man isst gemeinsam von einem Teller. Dies führt, gerade bei unserer Vierergruppe mit Sprachproblemen, zu einem einem spassig-schönen Gemeinschaftsgefühl.

YABELLO, MOYALE
Am nächsten Morgen kam Fish zudem von seiner Arbeit zum Busbahnhof, um uns zu helfen. Er verhalf uns zur Mitfahrt in einem Jeep. Wesentlich komfortabler als eine normale Busfahrt und zudem fuhr unser Fahrer direkt nach Yabello, was uns eine Nacht in Dilla ersparte, dass sich bei der Durchfahrt auch als ungemein uneinladend entpuppte. Yabello liegt neben der Hauptstrasse und wir blieben direkt in einem Hotel an der Strasse. So sahen wir die Stadt nicht, aber es schien uns auch nicht vielversprechend. Nach einem Vogelschiss auf T-Shirt und einer weniger angenehmen Nacht (Ich sorgte mal wieder dafür, dass die Mücken Dani in Ruhe liessen….) ging es am nächsten Morgen direkt weiter in die Grenzstadt Moyale.
Schlau wie wir sind, sicherten wir uns im Minibus nach Moyale die Plätze neben dem Fahrer. So hatten wir bessere Sicht und konnten ein letztes Mal äthiopische Strasse plus Umgebung bewundern. Blöd wie wir sind, hatten wir allerdings nicht daran gedacht, dass der mittlere Sitz nur ein Notsitz ist und zudem äusserst warm wird. Kurz: ich sass unbequem auf der Mittelkonsole mit minimalem Stoffbelag, bis Dani mich ablöste und diesen Eierwärmer für sich beanspruchte. Wieder mal „lesson learned“.
In Moyale selbst, nach staubiger, wenig aussicht bietender Strasse, liessen wir uns direkt vor einem „guten Hotel“ absetzen. Dort lernten wir am Abend noch Suzanna kennen. Eine Spanierin, die in Krisengebieten eingesetzt wird, um mit den betroffenen Parteien zu verhandeln, Infrastruktur Aufbauarbeiten zu betreuen und statistische Daten zu sammeln. Sie macht dies seit 7 Jahren, hat es wohl so langsam über, konnte aber interessante Dinge erzählen und gab uns die Möglichkeit ein letztes Mal in Äthiopien über Äthiopien zu reden.

MOYALE KENYA
Am 18 März ging es für uns über die Grenze. Zu Fuss. Mit viel Gepäck, in voller Hitze. KEEP LEFT Schilder begrüssten uns auf der anderen Seite. Im Immigration Office hies es dann „wielange, warum, das erste Mal? Profession? Please look at the camera! Fingerprints please!“ dann Stempel, „have fun“ und „welcome to Kenya!“. Danke!
Bis wir endlich wirklich „drüben“ waren, waren wir gänzlich durchgeschwitzt und etwas fertig. Dann ging zudem der Bankautomat nicht. So standen wir da, in voller Montur, also mit Rucksäcken auf den Rücken plus kleinen Rucksäcken in den Händen und ohne einen Schilling in den Taschen (die kenyanische Währung ist der Kenya Shilling). Schon direkt nach der Grenze wurden wir von einigen Kenyanern angesprochen, die uns eine Weiterfahrt in ihrem Bus / auf ihrem LKW verkaufen wollten. Einer davon war besonders laut, dieser wurde dann prompt auch von einem anderen als Lügner deklariert. Mir ging langsam die Puste aus und ich war genervt.. Also suchten wir uns aus dem Lonely Planet eine Bleibe aus und fanden einen Jungen, der uns hinführen wollte. Leider war das Ding geschlossen. Also zum nächsten. Aber das war auch nicht wirklich geöffnet. Meiner einer war fertig! Heiss, müde, schwer. Kippe bitte. Und nicht mehr laufen! Der Junge lief in die Stadt zurück und organisierte ein Taxi, das uns zum teuersten Hotel der Stadt fuhr. Der Fahrer verlangte 4 Dollar, der kleine bekam einen. Ratet mal, wer sich mehr gefreut hat…
Das Hotel war nach der Anstrengung ungemein schön. Mit Fernseher (FUSSBALL, ole!) und schönem, sauberen Bett. Badezimmer mit Dusche! Rucksack runter und gleich viel besser gefühlt!
Der Barkeeper des Hotelrestaurants versetzte uns dann in staunen: Er wollte uns das Ticketoffice zeigen, damit wir ein Ticket für den morgigen Bus kaufen konnten. TICKETS??? OFFICE?? Es zeigte sich also direkt: anderes Land, andere Sitten ;)
Der ATM (bankomat) spuckte endlich Geld aus und wir kauften Tickets. Da stand sogar eine Sitzplatznummer drauf. Wir waren schockiert! Geplättet! Entsetzt! Und irgendwie voller guter Hoffnungen. Hoffnungen auf Struktur und weniger planlose Zivilisation. Ich meine Sitznummern. Das bedeutet doch irgendwie, dass die Sitze bessere Qualität haben?! Vielleicht sogar ein wenig Beinfreiheit?! Auch für grössere Menschen?!

MARSABIT
Eine gute Stunde DRINGEND aufs Klo müssen, grenzt schon fast an Folter. Dabei mit geschätzten 80 km/h in einem alten Bus (umgebauter LKW) über eine Schotterpiste fetzen, fetzt noch weniger! Dass meine Hose und ich die Sache dennoch unbeschadet überstanden haben, machte mich – nach all den überstandenen Qualen – aber schon ein bisschen stolz! ;)
Am Morgen waren wir gegen halb 8 aus Moyale gestartet. Nach zwei Minuten gab es den ersten Stopp, da nicht alle auf den ihnen zugewiesenen Sitzplätzen sassen. Klar! Es sassen viele Äthiopier im Bus, die kannten dieses System ja gar nicht. Da man hier aber auch das System „erst raus, dann rein“ nicht kennt, ging es eine ganze Weile bis richtig sortiert war. Gefühlte fünf Passkontrollen und knappe drei Stunden später, gab es eine kurze Pause im letzten Kaff vor der Wüste. Wobei „vor“ eigentlich nicht ganz korrekt ist. Die 20 Bruchbuden an der Strasse erinnerten eher an eine afrikanische Variante der wild wild west Dörfer – kurz vor Geisterstadtstatus. Und ringsum gab es bereits kaum Vegetation. Die Strasse ist ab hier schlimmer als zuvor. Bereits seit der Grenze gab es keinen Asphalt mehr und ab diesem Dorf wurde es wirklich schlimm. – Gibt es im Deutschen eine Steigerung von „unbefahrbarer Feldweg“? In Kenya gibt es das! Vielleicht nicht als Wort, aber doch in der Praxis.
Um vier waren wir dann endlich in Marsabit. Ich versuchte verzweifelt mich an „big mama“ vorbeizuquetschen, die freundlichst den Gang versperrt. Ein etwas eckiger durchgeführter, kurzer Sprint führte mich ins Hotel – zum Glück direkt nebenan – und Anna fühlte sich wieder ungefoltert (und stolz).
Manche Aspekte des Reisens finde ich echt zum kotzen (oder eben „echt scheisse“)! Dafür war das Hotel relativ hübsch und die Toiletten sauber (zumindest zuvor ;o).. 
Der KenyaStart war nicht so mein Ding. Sich neu zu Recht finden, einheimische Währung bekommen, unheimlich viele Leute abwimmeln, die einem irgendwas andrehen wollen, Lehrgeld zahlen und die wenig netten Momente schwerer gewichten, als die negativen, um den Ausgleich zu schaffen und die Reise dennoch geniessen zu können. Das funktioniert eben nicht immer. Ergo war mir Kenya nach zwei Tagen bereits über.

ARCHERS POST
Am zwanzigsten März machten wir uns morgens auf. Der Bus wirkte diesmal wie ein wirklicher Bus, nicht wie ein umgebauter LKW mit Passagiercontainer hintendrauf. Dani freute sich, da dies ja darauf schliessen lässt, dass die Strasse von Marsabit nach Süden besser ist. Um kurz nach neun waren wir dann on the road und eine knappe Stunde später überlegte ich, dass ein Sport-BH in diesem Gefährt hilfreich wäre – und dass Dani sich zu früh gefreut hatte. Über holprige Sandpisten, mit eingeschnittenen Regenrinnen ging es durch Kenyas Norden. Immerhin hatten wir diesmal dafür gesorgt, dass wir auf der linken Seite einen zweier Sitz für uns hatten und unsere Schultern entsprechend nicht mit einem dritten „stapeln“ mussten. (Männer, wenn ihr auf Reisen geht – sucht Euch eine Freundin, die nicht so breite Schultern hat!) Dafür belohnte uns so langsam die Aussicht: Immer mehr ‚Stammesvolk‘ in traditionellen Gewändern war zu sehen. Samburu heisst das Nomadenvolk, das hier lebt. Dani wurde bestaunt, denn bei den Samburus sind gedehnte Ohrlöcher (bei Männern) normal. Mzungus hatten sie damit wohl noch nicht (oft) gesehen. Ausserdem gibt es hier wildlebende Strausse, die regelmässig vom Fahrer von der Strasse gehupt werden müssen. Kamele stehen allgemein auch viele an der Strasse rum.
Nach der Mittagspause gegen zwei Uhr, versetzt man uns mal wieder in Staunen: Die Strasse ist geteert! „Vorsicht Kühe“-Schilder warnen vor den Sträussen, das vierte Schild warnt vor Elefanten, die uns aber leider nicht beehren. Aber das Schild ist schon der Hit! Im Bus sitzen seit der Pause zwei der buntgeschmückten Samburus in deren Ohren locker 3cm Plugs passen würden!
Als wir gegen drei in ARchers post ankommen, setzen wir unser gelerntes um und setzen uns zuerst einmal in ein Cafe. So ist der Menschenandrang um uns aus Platzmangel gemindert. Und der eine, der sich zu uns gesellt überredet uns für ein Camp. Nachdem wir dort unser in Addis erworbenes Zelt (Entjungferung!) aufgestellt haben und mit einem Bier (das erste seit ethiopia-Moyale) und Flussaussicht niedergelassen haben, erfahren wir, dass es sogar einen Internet Stick gibt.. Na denn, PROST! – und ich fühle mich doch nicht mehr Kenya-Überdrüssig!

Wir entschliessen uns hier zwei Nächte zu verweilen. Moha, unser Guide und Fiona, die Barkeeperin und REceptionistin sind sehr nett und ihr Abendbesuch findet auch, dass wir doch besser mit ihnen reden, als allein rumzusitzen. Ausserdem sind die Toilettenlöcher hier sauberer als in Äthiopien. Das macht schon was her :D

UMOJA
Am nächsten Morgen erzählt uns Moha vom „Dorf der Frauen“. Umoja – das Samburu Wort für zusammen/gemeinsam. Er drückt mir ein deutsches Buch in die Hand „Mama Mutig“, dass die Geschichte der Gründerin erzählt. Ich lese ein oder zwei Kapitel, dann kommt eine singende Frauengruppe auf unser Camp – um uns ab zu holen und uns das Dorf zu zeigen. Es leben wirklich nur Frauen dort (von den männlichen Ziegen abgesehen und die Kinder nicht eingerechnet). Sie leben vom Verkauf des traditionellen Samburu Schmucks (bunte Perlenketten und –armbänder) und machen wirklich alles selbst. Wir kaufen etwas Schmuck und sie zeigen uns ihr Museum über SamburuTraditionen. Ein komischer Holzhammer erstaunt uns. Auf Nachfrage erfahren wir, dass er zur kastration der Ziegen verwendet wird.. sie hauen einfach so lange drauf bis.. AUA!! Dani fragt nach, ob sie inzwischen nicht modernere Methoden hätten. Haben sie. Sieht aus wie ein Nussknacker. Und wird wohl auch so verwe.. lassen wir das. Das Dorf ist nicht besonders spektakulär, aber die Geschichte dahinter ist es. Am Nachmittag lese ich nämlich noch das gesamte Buch. Und lese über keine-Rechte und dass die Frau mit der Heirat zum Besitz des Mannes ist. Es berichtet von Männern, die ihre Frauen zu Tode prügeln und dafür nicht geahndet werden – denn es handelt sich ja um familiäre Angelegenheiten. Es erzählt von Vergewaltigungen durch britische Soldaten und die Verstossung der Frau durch ihre Familie danach, da sie der Familie Schande bereitet habe. Von den point-five Kindern, die aus diesen Taten entstanden und nicht für voll genommen wurden. Von den Frauen, die danach mit ihren Kindern irgendwie durchkommen mussten. Teilweise, indem sie illegal gebrannten Schnaps verkauften – und ins Gefängnis kamen, wenn sie erwischt wurden. Der Schnaps wurde dann von den Polizisten getrunken, oder weiter verkauft. Aber das Buch erzählt auch von Rebecca, der das zu viel wurde. Die sich die Sorgen der Frauen anhörte, die eine Runde aufbaute, in der die Frauen zum ersten Mal darüber sprachen was ihnen widerfahren war – vor anderen Frauen. Es wird erzählt, wie sie sich einen kleinen Kiosk aufbaute und die Frauen sich dort trafen. Wie die Männer sauer auf sie wurden, weil sie ihre Frauen gegen sie aufhetze, weil sie sich nicht an die traditionelle Ordnung hielt. Wie selbst die Dorfältesten sauer wurden. Und sie am Ende ausgeraubt und zusammengeschlagen wurde. – Und daraufhin mit ihrer besten Freundin auf die Idee für Umoja kam. Umoja war zu diesem Zeitpunkt schon ein Lied, dass die Frauen immer sangen – um sich gegenseitig Halt zu geben und Mut zu machen. Das Buch erzählt von einer Feministin, die eine war, lange bevor sie dieses Wort hörte, geschweige denn wusste, wofür es steht. Eine Frau, die sich nicht alles gefallen lies und den Frauen ihres Stammes Hoffnung gab. Es gibt noch so vieles, was ich von diesem Buch erzählen könnte.. Rebecca ist inzwischen viel in der Welt herumgekommen – immer wieder eingeladen Reden zu halten, um Frauen rund um den Globus Mut zuzusprechen und zu erzählen, wie sie das erste afrikanische Frauendorf aufbaute. Sie erzählt in diesem Buch auch von ihren fünf Kindern, besonders von ihrem ältesten Sohn Tom und dessen Freundin Fiona. Die.. genau - unsere Bardame ist.    
Am Nachmittag spazieren wir mit Moha und Fiona am Fluss entlang – und sehen keine halbe Stunde vom Camp entfernt (das übrigens von den Umoja Frauen gebaut wurde) eine Gruppe Elefanten. Unsere ersten!
PS: Die verlassenen Männer der Umoja Frauen hatten versucht ein Männer-Dorf aufzubauen. Hat aber nicht funktioniert, weil sie nicht so wirklich wissen, wie man ein Haus baut (Frauenarbeit) oder kocht (Frauenarbeit). Sie verwahrlosten und wurden noch saurer auf ihre Frauen. Die waren aber inzwischen genügend und die Männer konnten ihnen nicht mehr wirklich etwas anhaben.

MARSALA
Aufgrund der Karte entschliessen wir uns am zweiundzwanzigsten mit dem Matatu (Minibus) nach Maralal zu fahren. Moha warnt uns, dass wir würden „tanzen“ müssen, weil die Strasse nicht gut sei. Aber da wir inzwischen derart Buserfahren sind, machen wir uns keine Sorgen wegen ruckeliger Fahrt und steigen ein. Die Strasse ist jedoch schlechter, als alles was wir bisher kannten und so lernen wir nun (nachdem wir inzwischen wissen, wie wir unsere Rucksäcke gescheit packen) im völlig überfüllten Minibus, wie wir uns selbst möglichst platzsparend zusammenfalten. 15 Plätze hat der Bus. 29 Leute sitzen drin. Kinder nicht mitgezählt. Und die Strasse ähnelt mehr einem ausgetrockneten, staubigen (SEHR staubigen) Bachbett, denn irgendetwas, bei dem ich an „Strasse“ denken würde.
Doch am Wegesrand grasen Giraffen und Zebras. Meine ersten live gesehenen. Und irgendwie ist es eben doch wahr, dass wir inzwischen recht Buserfahren sind. Die Tiere lenken uns von unseren schmerzenden Gliedern und dem vielen Staub in unseren Lungen, auf unseren Kleidern und zwischen den Zähnen ab. Die Kenyaner haben scheinbar auch Freude, denn bald weist und der halbe Bus auf Neue WegesRandGiraffenFunde hin. Und wir freuen uns und staunen brav weiter.
Der platte Reifen vorne Rechts vergönnt uns eine Pause. Eine halbe Stunde später geht der Motor aus und springt nicht mehr an. Als ösen wir uns durch das Türloch und schieben an. Die Männer. Und ich. (Irgendwas hab ich aus Umoja schliesslich mitgenommen. Zum Beispiel: wir Frauen können auch alles (besser).) ;o)
Bei der Ankunft bestürmt uns sofort eine ganze Herde Kenyaner. Die wollen helfen. Möglichst lauter als der nächste Landsmann. Am Ende gehen sie mir alle auf den Sack und ich bin wieder KenyaÜberdrüssig. Meine von den Strassen sowieso schon dröhnenden Ohren mochten diese Leute entsprechend auch nicht. Der Busfahrer hatte letztlich wohl Mitleid mit uns. Er schaffte es unser Gepäck wieder in den Bus zu verfrachten und uns zu unserem Hotel zu fahren. Das entpuppte sich leider als rechte Absteige, aber das war dann auch schon egal. Hauptsache aus der Menge raus und RUHE!

NAKURU
Direkt am nächsten Tag suchten wir uns ein Ticketoffice. Und stellten fest, dass die Route über Maralal gar keine so gute Idee war. Es gibt nämlich keinen direkten Bus an den Baringo See, unser Endziel bis zum ersten April. Den Contract über 20.000 Schilling ( ca 185 Euro) schlugen wir aus und so blieb uns nichts anderes übrig, als nach Süden zu fahren. Mit Zwischenstopp in Nyahururu nach Nakuru. Also sassen wir WIEDER in einem VÖLLIG überfüllten Matatu auf schrecklicher Piste nach Süden. In Nyahururu schnappt sich einer Danis Rucksack und will uns zum nächsten Bus bringen. Er rennt vorneweg und wir notgedrungen hinterher. Er nutzt kleine Strassen und geht am Ende zwischen zwei winzigen Hütten durch und wir machen uns ernsthaft Sorgen. Doch.. manchmal ist Skepsis eben unbegründet. Er bringt uns wirklich direkt zum nächsten Bus und verlangt als Bezahlung… eine Zigarette.. Dani gibt ihm zwanzig Schilling (=etwa 4 Zigaretten) – und der Mann freut sich. Also so wirklich. Wir sind erstaunt, denn wir hatten eine Forderung von 200 Schilling erwartet. (Notiz an mein Erinnerungsvermögen: DAS ist so einer der Momente, die den positiven Ausgleich geben!)
Schlau wie wir sind, besorgen wir uns die Sitze neben dem Fahrer. Lieber Eierwärmer als Faltblatt! Da hat man wenigstens ein wenig Platz, Beinfreiheit und Dani stösst nicht mit dem Schädel an der Decke an.  Und .. oh wunder! Die Strasse ist aber hier wieder geteert! Eine wirklich angenehme knappe Stunde später sind wir in Nakuru, schnappen uns (gelernt ist gelernt) direkt ein TukTuk und bitten um ein gutes Hotel. Aus Spass fügen wir „wenn möglich mit Pool“ hinzu. Wir enden im Graceland und staunen über Badezimmer, warmes Wasser, WiFi, TV, Pool und Co. Welcome back tot he civilized world!
Drei Tage Staub und Ärger gleiten unter der Dusche ein wenig von mir ab und hinterlassen mich mit kindlicher Freude über meine weiche, unklebrige Haut. Das Essen und der Service enttäuschen sehr, aber wer wird sich denn davon noch ärgern lassen! Und immerhin ist das neutral bis schlechte Essen diesmal von einer Karte, die mehr als Reis, Ugali (Maismehlbreistück), Beef und Kohl zu bieten hat.
Man lernt durch Entbehrungen eben so einiges zu schätzen!
Am nächsten Tag geniessen wir das nichtstun, Ruhe, Bier und WiFi. Abends gehen wir mit Francis und Rifka, zwei Dutch-Mzungus essen. Das Geschwisterpaar haben wir im Hotel kennen gelernt und sie sorgen durch ihren Tatendrang dazu, dass wir am Tag drauf (25ter) mit ihnen zum knapp zehn Kilometer entfernten Krater wandern. Wir nehmen nicht den direkten Weg, sondern wechseln zwischendrin auf einen Trampelpfad, der uns durch ein abgebranntes Wäldchen führt. Kenya ist im Moment sehr trocken und hat an mehreren Stellen Probleme mit Waldbränden, die kaum eindämmbar sind. Der Weg durch die Hitze wird mit einer gigantischen Aussicht belohnt – und einem Polizisten, der uns in seinem Wagen wieder in die Stadt zurück führt. Dort wandeln wir gen See, der komplett in einem Nationalpark liegt. Das Bier im Restaurant davor ist teuer, aber kalt und enorm angenehm. (Das haben wir uns verdient!). 15 Meter weiter grasen Zebras und Affen rennen durch die Gegend (siehe Photos).
Am Abend verabschieden wir uns bereits von Francis und Rifka, die weiter ziehen – uns zuvor aber noch von der unglaublich guten Nachtbusverbindung von hier nach Mombasa erzählen. Wir trauen dem erzählten nicht ganz, aber sie zeigen uns ihre erste-Klasse-Tickets. Aus nicht-trauen wird mal wieder staunen.
Nun ist meine Erzählung bereits beim 26ten März angelangt. Diesen Tag habe ich aufgrund meines ungemein ausgeprägten Sonnenbrands vom vorherigen Tag hauptsächlich vergammelt und verschlafen – und zwischendurch immer wieder Creme auf die verbrannten Schultern aufgetragen.

Und heute, am 27ten sind wir immer noch hier. Wir waren das erste Mal einkaufen. Seit zwei Wochen der erste Supermarkt. Und sie haben wirklich fast alles. Anna kindlich-glücklich zwischen Schokolade, Kaffee und Co. Dann noch den Alkohol für die Tour mit den anderen (steht auf der bitte-mitbringen-liste) und eine kenianische SimKarte besorgt. Diese haben wir direkt zweimal mit 500 Schilling aufgeladen, die ich direkt zweimal leergemacht habe – um zum ersten Mal, seit ich im Deutschland im Dezember verliess mit meiner Schwester und meiner Mutter zu telefonieren (schön wars!!).
Im Nachhinein muss ich sagen, dass sich der Umweg über Maralal doch gelohnt hat, da wir so die Vorzüge dieser Stadt mehr geniessen und zudem die enormen Unterschiede zwischen dem kaum erschlossenen Norden und dem sehr fortgeschrittenen Nakuru gesehen haben. Hautnah sozusagen.

Jetzt sitzen wir wieder im Garten von Graceland und ich habe es nun endlich geschafft auf acht Seiten die vergangenen zwei Wochen zusammen zu tragen..

Morgen wollen wir in einen Nationalpark, in dem man per Fahrrad die Gegend erkunden kann und am Tag darauf werden wir letztlich doch noch an den Baringo See fahren. Unser dortiger Campingplatz wird anscheinend abends gerne von Hippos besucht. Ab dem ersten April sind wir dann mit zwölf anderen unterwegs den Norden Kenyas weiter zu erkunden. Diesmal aber in einem Tourbus mit Platz für 20 Reisende. Wir freuen uns schon enorm auf die hoffentlich angenehmen Fahrten und die Gesellschaft von anderen Reisenden, sowie ihre Erzählungen vom Land und seinen Bewohnern – und natürlich weiteren Erlebnissen und noch mehr Tier-Sichtungen.
Ich denke acht Seiten sind nun wirklich genug. Dani ist bereits wieder ins Zimmer gegangen und ich werde ihm nun folgen, um den ruhigen Abend zu geniessen und meinen bereits fast abgeklungenen Sonnenbrand nochmal einzucremen. ;o)


PS: Dani hat auf seiner Seite mal eine Karte zusammengestellt, die unsere bisherige Reise zeigt. Ihr findet sie hier: http://www.bruce-bruttel.blogspot.com/p/view-trip-overview-in-larger-map.html


1 Kommentar:

  1. mannomannomann - wenn ich nicht durch telefonieren wüsste, dass es euch gut geht ....dass das so hart wird..

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